PETER LIECHTI (1951-2014)
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AUSFLUG INS GEBIRG (1986, Fiction/Essay, 3:4, 16mm blow-up comopt; DVD / DigiBeta, 33')
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«Ausflug ins Gebirg» Elsbeth Prisi, ZOOM, No.3/1996
Da macht einer einen Ausflug ins Gebirg, mietet sich hoch oben in der Kahlheit der Berge ein und bleibt in der alpinen Enge stecken mitsamt dem mitgebrachten Koller, der in solcher Umgebung sich nur weiter in ihn frisst, ja seine Wut noch verstärken muss, denn er hasst die Berge, die «blöd» machen, diese Kofel und Schrunden und Steine und den Regen, wenn es nur schneien würde, der Schnee diese «Sauhänge» zudecken würde.
Er hätte ja weiterfahren können, warum hat er es nicht getan, tut es nicht, und dann diese fürchterliche Himbeertorte, die man auffressen muss, damit sie einen nicht selber auffrist. Er ist kein Wanderer, ja alles andere als ein Wanderer, eine Sesselbahn wünscht er sich, überlang, um sich über Wüsten tragen zu lassen und sich in Meeren zu spiegeln …
Peter Liechti dokumentiert in 26 Minuten den eigenen Ärger, der, von Gipfeln und Kofeln bestätigt, wie ein Echo zurückgeworfen wird, und in ihnen Entsprechung findet: einen Ärger, den er misslaunig geniesst und in bissig-bösem Selbstgespräch in diese Landschaft hineinwirft und sich von ihr bestätigen lässt. Er weiss gar nicht, was er hier zu suchen hat, von etwas finden kann keine Rede sein, und doch bleibt er, bis er kein Geld und kein Filmmaterial mehr hat, angezogen und abgestossen von sich selber und dem, was ihn hier umgibt. Schliesslich fährt er noch zum «Lech» dem Fischteich in den Bergen, wo er - als letzte Bilder - das Sterben eines Fisches verfolgt. Damit bringt er die Belustigung der Zuschauer scharf zum Kippen.
Bild und Sprache (eine nach Österreich passende Eigensprache, die an eine Mischung aus Achternbusch und Bernhard denken lässt), Ton, Stil und Rhythmus situieren, ohne genau zu fixieren, und der dramaturgische Faden hält genaue Balance zwischen persönlich saurem Missbehagen und geschändeter Landschaft. In diesem kleinen geschlossenen, beeindruckenden Kunstwerk gibt es weder Störendes noch Überflüssiges.


«Interpretation wäre Gewalt» Beatrice Leuthold, TagesAnzeiger, 21-1-1986
Ebenfalls in S-8 hat der St. Galler Peter Liechti seinen Berg und Zivilisationskollerfilm (Ausflug ins Gebirge, gedreht. Dieser «Ostschweizer Achternbusch» frönt hier schamlos narzisstisch seiner Obsession durch die Berge, denen er offensichtlich nicht entfliehen kann, will, ist er nun mal unter ihnen zu Hause. Sein provokativer Ausspruch «Berge machen blöd», sein Ausflug ins Gebirge sind formuliertes und visualisiertes Unbehagen an seiner Umgebung, erinnern an den unverdauten 1980-Spruch «Weg mit den Alpen, freie Sicht aufs Mittelmeer».


Berner Zeitung, Hanspeter Eggenberger, 21-1-1986
Die originellste Entdeckung an den diesjährigen Filmtagen war «Der Ausflug ins Gebirg», ein Super-8-Film des Sanktgaller Künstlers Peter Liechti (35): Ein kleiner Achternbusch ist er, dieser Liechti, der da im «Gebirg» umherwandert und da vom Koller übermannt wird, der ihn über diese «Scheissberge» nur noch lästern und schimpfen lässt. Dieser ideale Kontrast zu Bergfilmen wie «Derborence» oder «Der schwarze Tanner" sorgte für gehörige Heiterkeit im Publikum.


«Die Kunst des <grossen> Films» St. Galler Tagblatt, 20-1-86
«Ausflug ins Gebirg» des St.Gallers Peter Liechti sei ein «Meisterwerk». Dies erklärte ein Filmkritiker gleich nach der Vorführung am Freitagabend. Liechti erzählt in sarkastischer Weise die Geschichte eines Mannes während eines fünftägigen Ausflugs in die östereichischen Alpen. In den Alpen findet sein Unbehagen Nährboden: «Bergkoller, Zivilisationskoller, Mentabtätskoller… » Als er am Ende seiner Reise, im berühmten Fischweiher weit hinten im Tal die toten Fische entdeckt, meint er zu wissen, woher sein Koller kommt.


Wochen-Zeitung, Marianne Fehr, 24-1-86
Je unwirtlicher die Städte, desto lockerer die Bergwelt: Fredi Murers «Höhenfeuen», Francis Reussers «Derborence», Xavier Kollers «Der sehwarze Tanner» - auf höherer Ebene schlägt das Schicksal offenbar telegener zu als in den Tälern. Mein Fast-Lieblingsfilm in Solothurn spielt auch in den Bergen: «Ausflug ins Gebirg » 26minütiger Super-8 von Peter Liechti. Noch keiner hat hässlichere Bilder von den blöden Bergen gemacht, wo dermassen nix läuft, dass jeder vorbeizurrende Helikopter zum freudigen Ereignis wird, wo's nicht mal richtig regnet, sondern nur gerade dämlich tröpfelt, wo einem unglaublich dumme Hänge immerfort elend anstarren. Eine Meistersatire vom Schlage eines Henscheid.


Neue Zürcher Zeitung NZZ, Christoph Egger, 24-1-86
Und noch einmal schöne neue Welt, diesmal in scheinbar vertrautem Gelände. «Ausflug ins Gebirg» des 1951 geborenen Sankt Gallers Peter Liechti könnte vom jungen Eskimo gemacht sein, der zu seiner Sprache gefunden hat. In einer wahren Wörterflut versucht da einer, der Autor, seinen Überdruss angesichts des Bergs loszuwerden, dessen Faszination er völlig erlegen scheint. Beschimpfung wandelt sich zu Beschwörung, Sesselliftalpträume und Helikopterlärm und Dessertorgien, feinstkörniges Schwarzweiss und grobgerasterte Farbbilder, münden ein in den Gesang von den sterbenden Fischen, denen an der Schnauze zart der weisse Pilz erblüht.


Freiburger Nachrichten/Walliser Bote, Christa Mutter/Peter Bachmann, 25-1-86
Im weiteren Sinne unter diese Bergrubrik gehört der Film «Ausflug ins Gebirge» des St. Gallers Peter Liechti. Wie wenn er den allgemeinen «Gebirgskoller» vorausgesehen hätte, zeigt er in seinem Super-8-Streifen ein paar Möglichkeiten, wie man damit umgehen kann. Ausrufen tut er, Berge (von Himbeertorte) frisst er und sorgte damit für das erlösende Lachen im Gebirgsfilm. Liechti wurde bereits mit Achternbusch verglichen. Da kann man nur hoffen, dass von ihm noch einiges auf uns zukommt.

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